Aus der Geschichte der Brüdergemeinden in Spanien

Die Entwicklung von 1983 - 1979



Der Zeitraum des Anfangs: 1838 bis 1868

Robert Chapman

Geschichtlich gesehen entstanden die Gemeinden in Spanien durch den Einsatz Robert Chapmans, eines Rechtsanwaltes und Freundes Georg Müllers. Er gab seinen Beruf auf, um einen sehr fruchtbaren Dienst in England zu beginnen. Wir wissen nicht sicher, was sein ursprüngliches Interesse an Spanien als Missionsfeld weckte, doch Tatsache ist, daß er und - auf seinen Wunsch - die Brüder Lawrence und Gould bereits vor der Revolution von 1868 im Land waren. Sie können als Gründer der Arbeit angesehen werden, die heute in den Gemeinden der Trafalgar Straße (Madrid) und Teruel Straße (Barcelona) fortgesetzt wird.


1868 bis 1936

In die Fußstapfen der ersten Pioniere in Spanien traten eine beträchtliche Anzahl von Missionaren aus Großbritannien, besonders von 1880 bis 1900. Die meisten dieser Missionare ließen sich hauptsächlich in Galizien nieder. Einige arbeiteten im Süden, wobei sie sich in einigen Fällen kleiner englischer Siedlungen bedienten (Ingenieure, Arbeiter und Angestellte zur Industrialisierung des Landes in ihrem Anfangsstadium), um die Arbeit an bestimmten Orten in Gang zu setzen. Menschlich gesehen könnte gesagt werden, daß einige der für die Durchführung dieser Pionierarbeit gewählten Orte nicht gerade ideal waren. Unter Vernachlässigung der großen Bevölkerungszentren gingen viele der Missionare in kleine Dörfer, die während der nachfolgenden Krise, die das Land heimsuchte, als erste ein Opfer wurden. Andere Umstände, sowohl politische als auch soziale, sowie der Mangel an einheimischen Führern verlangsamten die Arbeit während dieser Jahre. Die Anstrengungen und Opfer dieser Knechte Gottes waren jedoch nicht vergeblich. Einerseits dienten sie dazu, die einheitliche Mauer des spanischen Katholizismus jener Zeit an einer sehr kleinen Stelle zu durchbrechen. Andererseits sollte man die zahlreichen Gemeinden in Lateinamerika erwähnen, die eine indirekte Frucht dieser missionarischen Arbeit sind. In den Anfängen dieser Gemeinden hatte sich der eine oder andere Emigrant durch das Zeugnis dieser Pioniere in Spanien bekehrt.

Die Kennzeichen der örtlichen Gemeinden entsprachen denen der "Versammlungen" : höchste Einfachheit in Gottesdienstordnung und Verkündigung, die Autorität der Bibel als dem inspirierten Wort Gottes, die Betonung des allgemeinen Priestertums der Gläubigen, die Feier des Abendmahls an jeden dem Sonntag als dem Höhepunkt des Gottesdienstes, die Betonung der aktiven Evangelisierung, Seelsorge für die Gemeinden durch einen Rat von Ältesten. (Manchmal wurde jedoch aus Notwendigkeit oder auch aus Mangel an Interesse, neue Gaben zu entdecken, die Gegenwart von Missionaren über Gebühr hervorgehoben.) An einigen Orten wurden Volksschulen gegründet und auch mit anderen Arten von Sozialarbeit begonnen (das Evangelikale Krankenhaus von Barcelona geht auf diese Zeit zurück).


1936 bis 1945

Die ungeheure Krise des Bürgerkrieges, auf die eine weniger blutige, aber ebenso schwierige Periode folgte, bewirkte beträchtliche Veränderungen in der Situation der Gemeinden. Ein guter Teil der "Spreu", die sich in den früheren Jahren angesammelt hatte, wurde von den Winden der Prüfungszeit hinweggeblasen. Einige Gläubige waren bereit, für ihren Glauben zu leiden und die Arbeit (oft in ziemlich schwieriger Lage) fortzusetzen.

Beinahe alle Missionare, die 1936 in Spanien waren, mußten das Land verlassen. Die geistliche Verantwortung für die örtlichen Gemeinden lag nun in den Händen spanischer Ältestenräte. Es fehlte tiefgehende biblische Unterweisung, doch war der evangelistische Eifer das charakteristische Element dieses Zeitabschnitts. So war das Wachstum, das durch das Zeugnis der Gemeinden Barcelonas entstand, weitgehend auf die zahlreichen Versammlungen zurückzuführen, die in jener Zeit (trotz Einschränkungen und sogar Verfolgungen) in Privathäusern der Gläubigen stattfanden.


1945 bis 1963

1945 wurde ein Gesetz erlassen, das den evangelischen Christen ein gewisses Maß von Religionsfreiheit gestattete. Durch dieses Gesetz durften Gottesdienststätten wieder geöffnet werden, die während der Jahre zuvor geschlossen worden waren. Es waren auch einige neue Gemeinden während dieser Zeit entstanden. Im übrigen wurde das Gesetz fast immer sehr eng gehandhabt (je nach den örtlichen Behörden).

1963 wurde ein neues Gesetz verkündet, dessen Bestimmungen viel weiter als die von 1945 waren. Dieses großzügigere Gesetz findet in die neue Verfassung Eingang. Von dieser rechtlichen Basis kann man sagen, daß es heute keine wirklichen Schwierigkeiten gibt, die auf offizieller Ebene der Ausbreitung des Evangeliums in Spanien im Wege stehen.



Die Arbeit der Gemeinden heute

Obwohl die Brüder für ihre Abneigung gegen Statistiken bekannt sind, ist zu sagen, daß es ca. 80 örtliche Gemeinden und Gruppen gibt mit einer Gliederzahl von ca. 6000 wachsenen Gläubigen. Von diesen Gemeinden befinden sich 28 in Barcelona und Umgebung, 6 in Madrid, 3 in Vigo und in Sevilla, 2 in Zaragoza und in Valencia, und der Rest verteilt sich auf ganz Spanien, besonders in Galizien.

Wir anerkennen die neutestamentlichen Prinzipien der geistlichen Autonomie der örtlichen Gemeinde, müssen aber bekennen, daß in vielen Fällen diese Selbständigkeit in eine absolute Gleichgültigkeit gegenüber den gemeinsamen Problemen verkehrt wurde. Die geistliche Einheit wird durch Konferenzen und jährliche Treffen in Madrid, Barcelona, Vigo und anderen Gemeinden aufrechterhalten.

Bei diesen Veranstaltungen wird der Dienst der Unterweisung betont. Dabei dienen Veranstaltungen für Älteste zum gemeinsamen Studium der Anwendung biblischer Prinzipien auf die Probleme und Möglichkeiten unserer Zeit. In letzter Zeit wird die Gemeinschaft unter den Gemeinden in Barcelona und Umgebung immer stärker. Als praktisches Ergebnis wurde ein Programm regelmäßig stattfindender Gebetstreffen aufgestellt, wobei die Ältesten aller Gemeinden des Gebietes beteiligt sind. Es wurde auch ein monatlicher Gebetsdienst für alle Gemeindeglieder eingerichtet.

Für die allgemeineren Bereiche der Arbeit sorgen "Hilfsdienste" wie der "Missionsfonds", der finanzielle Hilfe an die 25 spanischen Mitarbeiter weiterleitet, die auf Empfehlung der Gemeinden vollzeitlich im Dienst des Herrn arbeiten. Das "Komitee für Versammlungsräume in Spanien" gewährt Gemeinden finanzielle Hilfe für Bau oder Renovierung von Versammlungsstätten. "Bibelunterweisung und Evangelikale Literatur" bieten systematische Bibelunterweisung durch verschiedene Methoden.

"Edificación Cristina" (Christliche Erbauung) und "El Embajador Cristiano" (Der christliche Botschafter) sind zwei Zeitschriften, die als einigendes Band unter den Gemeinden wirken.

Ein anderer wichtiger Dienst sind die Freizeiten für Kinder und Jugendliche. Es gibt drei Freizeiten in Galizien, eine in der Provinz von Barcelona und eine weitere in Aguilas (Murcia).

"Evangelismo en Acción" und sein Freizeitlager in Pinos Reales wird - obwohl es nicht ausschließlich die Arbeit der Brüderversammlung ist - von diesen hauptsächlich unterstützt; und hieraus haben sie auch den größten Nutzen.

Was Sozialarbeit anbelangt, so haben die Gemeinden auch zwei Altersheime (in Barcelona und in Linares) mit ca. 50 alten Menschen. Die Gemeinden arbeiten auch in der Rundfunkevangelisation, jedoch nicht mit ganzem Einsatz. Dabei ist klar, daß es sich hier um eine aussichtsreiche Arbeit handelt.

Unter den negativen Aspekten der Arbeit der Brüderversammlung wäre die Apathie und Gleichgültigkeit der Gläubigen zu nennen. Materieller Wohlstand, den die Mehrheit heute genießt, hat das Wort Gottes und den evangelistischen Eifer zurückgedrängt. Der typische Individualismus der Menschen ist ebenso ein großes Hindernis auf dem Weg zur Gemeinschaft zwischen Gläubigen und Gemeinden. Geistliche Trägheit und die Neigung zum Ritualismus sind auch ernst zu nehmende Hindernisse, gegen die wir beständig ankämpfen müssen, wenn wir den Geist lebendig erhalten wollen, der die Gemeinden des Neuen Testaments kennzeichnete.

Allgemein könnte man sagen, daß wenige Glieder der Gemeinden eine wirkliche Sicht für die heutigen Bedürfnisse und Möglichkeiten in bezug auf die Arbeit haben. Und oft werden ihre Anstrengungen zunichte gemacht. Deshalb hoffen wir, daß eine Kenntnis dieser Situation dazu führt, daß vor dem Gnadenthron vermehrt für die Fürbitte getan wird, die auf diesem speziellen Erntefeld des Herrn arbeiten.


(c) 1979 Juan Federico Domingo



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Copyright (C) 1981 by Juan Federico Domingo. Alle Rechte vorbehalten
Zuerst erschienen in der Zeitschrift der Brüdergemeinden "Die Botschaft", Nr. 3/1979
Dieses Papier ist ausschließlich für den persönlichen Gebrauch bestimmt.
URL: http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/bg/bg_spanien.html
Ins Netz gesetzt am 16.09.2004; letzte Änderung: 22.11.2018

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