Mohammeds Nachfolger - die Kalifen

Die Zeit der vier rechtgeleiteten Kalifen (632 - 661 n. Chr.)

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Die ersten 4 Kalifen und die erste Eroberungswelle

  • Als Mohammed 632 n.Chr. starb, war für seine Nachfolge nicht gesorgt. Fast wäre sein Lebenswerk zusammengebrochen.
  • Doch dann wurden die Kalifen als seine Nachfolger bestimmt, welche die weltliche und religiöse Führung der muslimischen Gemeinde in einer Hand hielten.
  • Die ersten beiden Nachfolger (arab. chalifa) kamen aus dem Kreis der engsten Vertrauten Mohammeds.
  • Die ersten vier Kalifen werden auch die rechtgeleiteten Kalifen genannt:
  •   632 - 634 n. Chr.   Abu Bakr
      634 - 644 n. Chr.   Omar Ibn al-Chattab
      644 - 656 n. Chr.   Othman Ibn Affan
      656 - 661 n. Chr.   Ali Ibn Abu Talib
      (Neffe und Schwiegersohn Mohammeds)

  • Mit ihnen begann die erste islamische Eroberungswelle, die "als Erfüllung eines vom Propheten hinterlassenen Vermächtnisses" erklärt wurde. Dies sind die Eroberungen im Überblick:

    • 636 n.Chr. Syrien und Palästina
    • 641 n.Chr. Ägypten
    • 644 n.Chr. Persien
    • 691 n.Chr. die Atlantikküste Afrikas
    • 711 n.Chr. Spanien, Transoxanien und die Indusebene
    • 732 n.Chr. wurden die arabischen Heere in zwei Schlachten bei Tours und Potiers vom Frankenkönig Karl Martell geschlagen. Damit kam der Vormarsch der Araber zum Stillstand.



Abu Bakr (632-634 n.Chr.)

  • Abu Bakr war der Vater von Mohammeds Lieblingsfrau, der ganz jungen A'ischa.

  • Abu Bakr schlug zunächst den Aufstand der arabischen Stämme nieder, die sich nach Mohammeds Tod dem neuen Führer nicht mehr zur Loyalität verpflichtet fühlten.

  • Abu Bakr - er war einer der größten Heerführer Mohammeds gewesen - begann dann mit der weiteren Ausbreitung des islamischen Reiches. Sein erster großer Feldzug war der Krieg gegen Persien.

  • Abu Bakr konnte bei seinem Tod auf die Eroberung der Stadt Hir (Irak), Teile von Syrien und große Teile Palästinas zurückblicken.

  • Nach Abu Bakrs Tod im Jahre 634 n.Chr. trat Omar seine Nachfolge an.



Omar Ibn al-Khattab (634-644 n.Chr.), genannt "Al-Faruk" (Der Scharfsinnige)

  • Omar war zwar ein begabter Führer und Verwalter, aber in seinen politischen Plänen war die Islamisierung der Nachbarländer vorgesehen.

  • Das römische und das persische Reich waren durch einen gerade beendeten Krieg erschöpft. Die Soldaten waren größtenteils Söldner und wenig motiviert. Die Araber dagegen waren von ihrem Glauben angespornt, sehr motiviert und flexibel. Dazu kam ihre zentrale Lage zu den Grenzgebieten und die hohe Verfügbarkeit von Truppen.

  • 635 n.Chr. fiel Damaskus, die Hauptstadt Syrien. Syrien war das erste Land, das erobert wurde.

  • 636 n.Chr. öffnete die Entscheidungsschlacht am Jarmuck die Türe zur Eroberung ganz Palästinas und Syriens: Damit war das Byzantinische Reich besiegt, die Gebiete von Syrien und Palästina aufgegeben und der Weg nach Ägypten frei.

  • Die für die Felsenmoschee auch bekannt Bezeichnung "Omar-Moschee" ist eine unzutreffende Bezeichnung. Laut einer Inschrift im Innern des Felsendoms war der neunte Kalif Abd el-Malik, ein Omaijade, ihr Baumeister (684-691). Es waren dann die Franken, die das Bauwerk Omar-Moschee nannten und damit die noch heute verbreitete, irreführende Benennung schufen.

  • Zwischen 635 und 637 n.Chr. ebnete ein Sieg im Irak den Einfall in das persische Reich.
  • Die neu eroberten Gebiete wurden militärisch befestigt und eine funktionierende Verwaltungen (Finanzen, Strafrecht) wurde aufgebaut: Dabei übernahmen erprobte Prophetengenossen die Führung.

  • Omar wurde 644 n.Chr. von einem christlichen persischen Sklaven ermordet.



Othman Ibn Affan (644-656 n.Chr.)

  • Unter Othman wurde das persische Reich endgültig in das Reich des Islam eingegliedert. Damit fand die erste Eroberungswelle ihr Ende.

  • Othman begünstigte die Mitglieder seiner Familie mit einflußreichen Verwaltungsposten. So setzte er z.B. in Damaskus Muawiya als Statthalter ein.

  • Othman wurde auch durch die Kanonisierung des Korans berühmt. Er ließ einen einheitlichen Korantext herstellen und verbrannt alle anderen Ausgaben. Auf diese Weise nahm er den Koranrezitatoren ihre Vormachtstellung.

  • Zu seinen Feinden gehörte A'ischa, die noch junge Witwe Mohammeds und dessen Vetter und Schwiegersohn Ali. In Ägypten waren es u.a. der Heerführer Amr.

  • Schließlich wurde der alte Kalif 656 n.Chr. unter ungeklärten Umständen während des Gebetes ermordet.



Ali Ibn Abi Talib (656-661 n.Chr.)

  • Alis Kalifenamt wurde durch Muawija, der in Syrien an der Macht war, angefochten.

  • Ali verlegt seinen Regierungssitz von Medina nach Kufa.

  • 656 n. Chr. forderten Alis Feinde ihn zum Kampf heraus. Es kam zur berühmten Kamelschlacht, in der A'ischa - sie gehörte zu den Gegners Alis - vom Kamel herab die Kämpfenden anfeuert haben soll.

  • Diese Schlacht wurde zwar von Ali und seinen Männern gewonnen, dennoch sah sich Ali gezwungen, Arabien zu verlassen und sich mit seinen Anhängern nach Kufa bzw. Basra (Irak) zurückzuziehen. Muawiya ging wieder nach Damaskus.

  • Im Sommer 657 kam es am mittleren Euphrat zur Schlacht von Siffin. Da weder Ali noch Mawija den Sieg errang, wurde ein Schiedsgericht bemüht. Ali wurde zur Aufgabe seiner Macht aufgefordert; er anerkannte diesen Spruch jedoch nicht an.

  • Manche Anhänger Alis verließen daraufhin sein Heer und rechneten sich fortan zu seinen Feinden. Diese Gruppe wurde die Charijiten ("die Ausziehenden") genannt.



Die Gruppen im Islam - bis heute

  • Drei Parteien verkörperten ab jetzt über Jahrhunderte hinweg den Islam:

    • die Schiiten (Schiiten, Anhänger der Partei Alis, Sch`ia = Partei) - Ca. 10% der Muslime - heute vor allem im Iran beheimatet
    • die Charijiten
    • und die Sunniten, die Gruppe, die sich um Muawiya gruppierte. - Ca. 85% der Muslime

  • Die drei Gruppen stritten sich u.a. über die rechtmäßige Nachfolge Mohammeds:

    • Die Schiiten wollten ein Verwandten Mohammeds zum Kalifen haben.
    • Die Sunniten plädierten für einen Nachfolger aus der Familie der Kuraischiten.
    • Die Charijiten schlugen vor, den fähigsten Mann der muslimischen Gemeinschaft zu ihrem Oberhaupt zu machen.

  • Im Jahre 661 n.Chr. wurde Ali vor der Moschee in Kufa von einem "Charijiten" ermordet.

  • Sein Tod sicherte der Familie der Omaijaden und deren Haupt Muawiya den Triumph.

  • Damit ging eine Epoche zu Ende, die in der sunnitischen Tradition die Epoche der rechtgläubigen Kalifen heißt.

  • Demgegenüber lehnen die "Schiiten" bis heute den Kalifen Othman ab. Andere Gruppen lehnen sogar alle vier Kalifen ab und weigern sich, ihre Entscheidungen und ihre Maßnahmen anzuerkennen.



Die Rechtsschulen im Islam


Die Rechtschulen

Im Laufe der Jahrzehnte entwickelten sich im Islam verschiedene Lehrrichtung (Madhhab). Sie unterscheiden sich in den Prinzipien der Normenfindung (al-fiqh) als auch durch besondere Einzelregelungen (furu). Der Unterschied zwischen den Lehrrichtungen äußert sich dabei nicht nur im weltlichen Recht, sondern auch auf ritueller Ebene, so zum Beispiel beim Gebet und den Reinheitsbestimmungen.

Heute besteht die Tendenz, allgemein acht Rechtsschulen als rechtmäßig anzuerkennen:

  • vier sunnitische, nämlich Hanafiya, Malikiya, Schafiiya und Hanbaliya,
  • zwei schiitische, nämlich Dschafariya und Zaidiya
  • die Ibadiya und
  • die Zahiriya


Die Ausbreitung der Rechtschulen

  • Die hanafitische Rechtsschule ist vor allem in Südasien, Zentralasien und in der Türkei verbreitet.

  • Die malikitische Rechtschule im Maghreb und in Westafrika.

  • Die schafiitische Rechtschule in Ägypten, Syrien, Jemen, Südostasien und an den Küsten des Indischen Ozeans.

  • Die hanbalitische Rechtsschule in Saudi-Arabien.

  • Die Dschafariya-Rechtschule gilt als die Rechtsschule der Zwölfer-Schiiten und ist entsprechend an deren Verbreitungsgebiete gekoppelt.


  • Die Zaidiya-Rechtsschule ist heute allein im nördlichen Jemen verbreitet.


  • Die Ibadiya-Rechtschule ist die Staats-Rechtsschule in Oman und hat außerdem Anhänger in verschiedenen Ländern Nordafrikas.

  • Die Zahiriya-Rechtsschule hat heute keine regionale Basis mehr, ihre Lehren sind jedoch durch überlieferte Texte erschließbar.

Grafik: Die geographische Verbreitung der Rechtschulen (c) Wikipedia




Quellen:

Literatur:

Benedikt Peters, Der 11. September, der Islam und das Christentum, Bielefeld: CLV, 2002,

Christiane Schirrmacher, Islam Band 1, Filderstadt: Hänssler-Verlag, 1994

Gerhard Nehls, Was Christen über Moslems wissen sollten, Filderstadt: Hänssler-Verlag, 1984

Gerhard Konzelmann, Dies Land will ich deinen Kinder gegen, München: Herbig, 2001

DTV-Brockhaus Taschenlexikon, Wiesbaden, 1984



Internet:

Ulrich Dierssen (HP): Islam

Nabil Ansari (HP): Die Geschichte des Islam

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Ins Netz gesetzt am 04.04.2002; letzte Änderung: 24.06.2016

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