Die Bibel
- Altes Testament und Neues Testament - [ 1 ]


1. Die Bibel

1.0 Die Bibel - allgemeines

Das Wort "Bibel" leitet sich vom griechischen Begriff »ta biblia« ab und bedeutet "die Bücher".

Die Bibel ist das meist verkaufte Buch der westlichen Welt. Im Jahr 2000 wurden weltweit 63 Millionen Bibelschriften verbreitet, darunter 48,4 Millionen Bibeln und Neue Testamente. [ 5 ]

Die Bibel besteht aus dem Alten Testament (A.T.) und dem Neuen Testament (N. T.). Beide Testamente bilden die Grundlage des christlichen Glaubens.

Das Alte Testament der evangelischen Christenheit ist seinem Umfang nach identisch mit einer hebräischen Bibel, der heiligen Schrift des Judentums. Es umfasst 39 Bücher, die mit Ausnahme einiger Teil des Buches Daniel alle in Hebräisch geschrieben sind.

Während die evangelische Kirche nur die 39 Bücher der hebräischen Bibel als kanonisch anerkennt, weist die katholische Kirche weiteren sieben Bücher den Status des inspirierten Wort Gottes zu. Es sind die aus der griechischen Übersetzung des Alten Testament, der "Septuaginta", stammenden "Apokryphen". Die katholische Kirche selbst nennt diese Zusätze die "deuterokanonischen Bücher".

1.1 Der Aufbau der Bibel

Die Bibel des Judentums besteht aus drei klar voneinander abgegrenzten Teilen: der Thora (Gesetzbuch, auch Bücher Mose genannt), den Nebiim (Propheten, die in frühere und spätere Propheten unterteilt sind) und den Ketubim (Schriften), die auch die Psalmen, die weisen Bücher und diverse andere literarische Werke enthalten. Das Alte Testament des Christentums ordnet die Bücher nach ihrer literarischen Gattung an: das Pentateuch, das der Thora entspricht, die poetischen oder weisen Bücher und die prophetischen Bücher.

Das Neue Testament besteht aus den vier Evangelien; der Apostelgeschichte, die die Anfänge des Christentums schildert; den Episteln oder Briefen, von Paulus und anderen; sowie einer Apokalypse oder der Offenbarung des Johannes. Bei manchen Büchern wie z. B. beim Hebräerbrief, handelt es sich um theologische Abhandlungen.

Der Begriff Altes Testament leitet sich von dem lateinischen Wort für Bund bzw. Abkommen ab. Er wurde seit der Zeit des Paulus und der frühe Christenheit verwendet, da nun die Christen in ihren Schriften zwischen dem "Alten Bund", den Gott mit dem Volk Israel geschlossen hatte, und dem "Neuen Bund", der durch Jesus Christus geschaffen worden war, unterschieden (Hebräerbrief 8, 7). Da die Urkirche an die Kontinuität von Geschichte und göttlichem Handeln festhielt, nahm sie in die christliche Bibel die schriftlichen Zeugnisse sowohl des Alten als auch des Neuen Bundes auf.

1.2 Die literarische Form der Bibel

Vom literarischen Standpunkt aus gesehen ist das Alte Testament eine Anthologie, d. h. eine Sammlung vieler verschiedener Bücher.

Zu den literarischen Gattungen des Alten Testaments gehören Erzählungen, Gedichte, Prophezeiungen, Gesetze und Apokalypsen. Bestimmte literarische Formen wie z. B. Briefe, die im Neuen Testament eine sehr grosse Rolle spielen, wurden ins Alte Testament nicht aufgenommen. Die meisten Bücher der Propheten enthalten neben Prophezeiungen auch Erzählungen und Gedichte.

Viele alttestamentliche Bücher sind historische Erzählungen – allerdings mit religiösem Hintergrund und dem Ziel, Gottes Wirken in der Geschichte an bestimmten Ereignissen aufzuzeigen. Beispiele solcher Werke sind die deuteronomischen geschichtlichen Erzählungen (Deuteronomium bis zu 2 Könige), das Tetrateuch (Buch Genesis bis Numeri), die Geschichtserzählungen der Chronisten (1. und 2. Buch der Chronik, Esra und Nehemia) und die Geschichte der Thronfolge Davids (2 Samuel, 9-20; 1 Könige 1-2). Die Verfasser der Bücher haben geschichtlichen Ereignisse und Personen des Geschehens detailgetreu festgehalten und hin und wieder den Ablauf des Geschehens unter Berücksichtigung menschlicher Beweggründe interpretiert.

Andere Bücher, die Erzählungen enthalten, sind z.B. die Bücher Ruth, Jonas und Esther. Mehrere didaktische Überlieferungen sind in den Büchern des Deuteronomiums (5. Buch Mose) und in einigen Apokryphen enthalten: Tobias, Judith, Susanna sowie Bel und der Drachen.

Wie die Mehrzahl der anderen Erzählungen besteht auch das Buch Genesis aus einer Vielzahl von Einzelgeschichten, von denen einige ursprünglich vielleicht mündlich weitererzählt wurden.

Die Geschichten der Patriarchen in Genesis 11-50 nennt man die Vätergeschichten, da sie die Geschichte der geistlichen Väter des Volkes Israels berichten. Diese Berichte basieren auf historische zuverlässigen Überlieferungen.

Zu den poetischen Büchern des Alten Testaments zählen die Psalmen, das Buch Hiob, die Sprüche, Prediger (Kohelet), das Hohelied, die deuterokanonischen Bücher, die Apokryphen, Jesus Sirach und das Gebet Manasse.

Die hebräische Dichtung verfügt über zwei grundlegende Merkmale. Ein Charakteristikum besteht in der Verwendung des sogenannten "parallelismus membrorum" (lateinisch: Parallelismus der Glieder). Dabei werden die Aussagen, die in einer Zeile gemacht werden, in einer weiteren Zeile in den gleichen oder ähnlichen Worten bekräftigt, wie z. B. im Psalm 6,1:„Ach Herr, strafe mich nicht in Deinem Zorn, und züchtige mich nicht in Deinem Grimm.“

Das andere wichtige Merkmal hebräischer Dichtung ist ein charakteristischer Rhythmus, der auf der Zahl der Betonungen in jeder Zeile beruht. Eines der verwendeten Versmaße ist der "qina" oder "Klagegesang", bei dem die erste Zeile drei Hebungen oder akzentuierte Silben aufweist und die zweite Zeile zwei.

Eine frühe Form der Gottesverehrung war die lyrische (gesungene) Dichtung. Die meisten, wenn auch nicht alle dieser Lieder sind in dem Buch der Psalmen enthalten. Viele sind Hymnen bzw. Loblieder zu Ehren Gottes.

Die weise Dichtung umfasst Sammlungen von weisen Sprüchen und kurzen Gedichten, wie sie auch im Buch der Sprüche enthalten sind, sowie längere Werke, wie das Buch Hiob, Prediger Salomo und Jesus Sirach. Die kürzeren Stücke sind Sprüche, Sprichworte und Ermahnungen, die im allgemeinen nur zwei Zeilen lang sind. Die Sprüche 1-9 enthalten eine Sammlung von Gedichten über das Wesen der Weisheit; im Gegensatz dazu ist das Buch Hiob eine lange dichterische Komposition in Form eines Dialogs.

Die Themen der weisen Sprüche reichen von praktischen Ratschlägen, wie man ein gutes und erfolgreiches Leben führt, bis hin zu Gedanken über die Beziehung zwischen dem Pfad der Weisen und dem Gehorsam gegenüber dem Gesetz Gottes.

Die prophetischen Bücher enthalten meist drei verschiedene literarische Formen: Erzählungen, Gebete und prophetische Reden. Die Erzählungen sind meistens Geschichten oder Berichte von prophetischen Handlungen, die entweder den Propheten selbst zugeschrieben oder von einer anderen Person erzählt werden. Sie berichten von Visionen und dem Auftreten der Propheten; daneben enthalten sie historische Erzählungen sowie Kommentare. Das Buch Jonas ist eigentlich eine Geschichte über einen Propheten und enthält nur eine Zeile, in der sich der Prophet selbst an den Leser wendet (Jonas 3,4). Die Gebete enthalten Hymnen und Bittschriften wie die Klagelieder des Jeremia (Jeremia 15, 10-21).

Die häufigste literarische Form der prophetischen Bücher ist die Rede, da der Kern des prophetischen Wirkens in der Verkündung von Gottes Wort besteht, das sich auf die unmittelbar bevorstehende Zukunft bezieht. Die bekanntesten solcher Reden sind die Prophezeiungen von Bestrafung oder Errettung. Beide dieser Formen werden, wie die meisten prophetischen Reden, von Formeln wie z. B. "So spricht der Herr" begleitet, die die Worte als von Gott geoffenbart kennzeichnen. Die Prophezeiungen der Errettung kündigen einen bevorstehenden Eingriff Gottes zur Rettung Israels an. Andere Reden sind Prophezeiungen gegen fremde Völker, Klagereden, in denen die Sünden des Volkes aufgezählt werden, und Mahnungen oder Warnungen. Siehe Prophezeihung.

Gesetzestexte sind in der hebräischen Bibel so stark vertreten, dass das Judentum die ersten fünf Bücher Thora (Gesetz) nannte, ein Begriff, mit dem die frühen Christen später das gesamte Alte Testament bezeichneten. Rechtsschriften sind vor allem in den Büchern Exodus, Leviticus und Numeri enthalten. Das fünfte Buch Mose wurde von seinen griechischen Übersetzern Deuteronomium (zweites Gesetz) genannt, obwohl es vor allem von den Taten Moses‘ berichtet.

Wie die Bibel überliefert, wurde der Wille Gottes an Israel durch Moses verkündet, als auf dem Berg Sinai der Bund zwischen Gott und dem Volk Israel geschlossen wurde. Infolgedessen stehen alle Gesetze, ausser denen des Deuteronomiums, in Exodus 20 bis Numeri 10, da an dieser Stelle die Ereignisse auf dem Berg Sinai berichtet werden.

Gelehrte unterscheiden bei den hebräischen Gesetzen zwei Haupttypen, die apodiktischen und die kasuistischen. Das apodiktische, also unumstössliche Gesetz wird vor allem, aber nicht ausschliesslich, durch die Zehn Gebote repräsentiert (Exodus 20, 1-21; 34, 14-26; Deuteronomium 5, 6-21). Bei diesen Gesetzen, die meist in Sammlungen von fünf oder mehr Gesetzen auftauchen, handelt es sich um kurze und eindeutige Feststellungen, welches Verhalten sich Gott von den Menschen wünscht. Sie sind entweder (bejahende) Gebote oder (verneinende) Verbote. Die kasuistischen, also Einzelfälle betreffenden Gesetze andererseits bestehen je aus zwei Teilen. Im ersten Teil wird eine Bedingung genannt („wenn jemand ein Rind oder ein Schaf stiehlt und es schlachtet oder verkauft“), im zweiten Teil folgen die rechtlichen Konsequenzen („so soll er fünf Rinder für ein Rind wiedergeben und vier Schafe für ein Schaf“; Exodus 22, 1). Die kasuistischen Gesetze entsprechen in ihrer Form und häufig auch im Inhalt den Gesetzen des Kodex des babylonischen Königs Hammurabi und anderen antiken Gesetzeskodizes.

Die Apokalypse als eigenständige Gattung kam in Israel in der Zeit des babylonisches Exil der Israeliten von 586 bis 538 v.Chr. auf. Eine Apokalypse oder Offenbarung enthält die Enthüllung von zukünftigen Ereignissen. Dabei werden Symbole und Bilder verwendet, die wiederum erklärt und gedeutet werden müssen. Apokalyptische Schriften spiegeln im allgemeinen die geschichtliche Einschätzung des Autors seiner eigenen Epoche als einer Zeit wieder, in der sich die Mächte des Bösen vereinen, um in einen endgültigen Kampf mit Gott zu treten; nach diesem Kampf, in dem Gott siegen wird, wird ein neues Zeitalter anbrechen.

Daniel ist das einzige apokalyptische Buch des Alten Testaments, wobei die erste Hälfte (Kapitel 1-6) zunächst eine Reihe von historischen Geschichten darstellt. Teile anderer Bücher ähneln in vielerlei Hinsicht der Gattung der Apokalypse (Jesaja 24-27; Zacharias 9-14; und einige Teile Ezechiels). In den Apokryphen (2 Esra) kommt ebenfalls eine Apokalypse vor. In der jüdischen Literatur der letzten beiden Jahrhunderte v. Chr. und des ersten Jahrhunderts n. Chr. entstanden zahlreiche andere apokalyptische Werke, die jedoch nicht in den Kanon aufgenommen wurden. Solche Werke sind z. B. Henoch, in dem die Söhne des Lichtes gegen die Söhne der Finsternis kämpfen, sowie die Apokalypse Moses‘.

1.3 Die Entstehung der Bibel

Die Bücher des Alten Testaments sind keineswegs alle zur selben Zeit und am selben Ort entstanden. Sie sind vielmehr über einen jahrhunderte langen Zeitraum entstanden und gesammelt worden.

Wie lange eine mögliche mündliche der Überlieferung der schriftlichen Fixierung der biblischen Texte voranging, läßt sich heute nicht mehr nachvollziehen.

Zuerst wurde lange Zeit die Gemeinschaft Gottes mit dem Menschen durch mündliche Sprache gepflegt. Im Zeitalter der Patriarchen redete Gott idirekt zu Männer wie Adan, Noah, Abraham und Joseph. Mit der Zeit wurde es nötig, die Offenbarungen und den Willen Gottes für spätere Generationen aufzuzeichnen.

Der erste Autor, der in der Bibel genannt wird, ist Mode. Er lebt ca. 1500 Jahre v. Chr. In den ersten Bücher der Bibel wird sechmal auf Mose als Autor hingewiesen:


    1. Die Austilgung Amaleks (2.Mose 17,14)
    2. Die Worte des Bundes am Sinai (2.Mose 2,4).
    3. Die Zehn Gebote (2.Mose 34, 28-28)
    4. Die Wanderung des Kinder Israles durch die Wüste. (4.Mose 33,2)
    5. Das Buch des Gesetzes. das in der Bundeslade aufgehoben wurde (5.Mose 31,9 + 24)
    6. Das Lied Moses aus 5.Mose 32,1-43

Außerdem wird Mose in der jüdischen Tradition für dne Autor der ersten fünf Bücher der Bibel gehalten, die auch als Pentateuch bezeichnet werden. Andere Schreiber der Bibel und Jesus Christus selbst bestätigen diesr Ansicht (Josua 8,31; Richter 3,4; Maleachi 3,22; Lukas 24,44; Johannes 7,19).

Bereits im Mittelalter stellten jedoch jüdische Gelehrte die Verfasserschaft Moses‘ in Frage: das Deuteronomium, das letzte Buch des Pentateuch, berichtet vom Tod Moses‘. Deshalb könne Mose nicht selbst der Verfasser dieses Buches sein.

Die weise Dichtung des Alten Testaments läßt sich anhand interner Angaben in die Zeit um Salomo datieren. Salomo selbst schrieb das Buch der Sprüche und den Prediger. David ist einer Haupt-Autoren der Psalmen, da er ein begnadeter Sänger und Komponist war. Ca. 70 der 150 Psalmen stammen direkt von ihm.

Das Buch der Psalmen wurde zum Hymnen- und Gebetsbuch von Israels zweitem Tempel, aber viele Lieder sind aber wohl älter als dieser.

Die prophetischen Bücher wurden von von den Personen geschrieben, nach denen sie benannt sind.

1.4 Übersetzungen der Bibel - Übersetzungen des Alten Testaments

Im 3. vorchristlichen Jahrhundert wurden die alttestamentlichen Schriften ins Griechische übersetzt. Dieser Prozess begann jenseits von Palästina, weil jüdische Gemeinden in Ägypten und anderswo die Heilige Schrift in der Sprache ihrer Kultur benötigten. Die zusätzlichen Bücher in dieser Bibel, u. a. Ergänzungen zu älteren Büchern, entstanden zum grössten Teil in diesen jüdischen Gemeinden ausserhalb Palästinas. Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr., als die frühesten christlichen Schriften gesammelt und verbreitet wurden, existierten bereits zwei Versionen der jüdischen Bibel: die hebräische Bibel und das griechische Alte Testament (Septuaginta; LXX).

Als Martin Luther die Bibel ins Deutsche übersetzte, entdeckte er, was auch andere, insbesondere Hieronymus, schon gewusst hatten, dass das Alte Testament ursprünglich in hebräischer Sprache geschrieben worden war. Er entfernte aus seinem Alten Testament alle Bücher, die nicht in der jüdischen Bibel vertreten waren, und nannte sie Apokryphen. Dieser Schritt war ein Versuch, zum möglichst ersten und damit ursprünglichsten Text und Kanon zurückzukehren und so der Autorität der Kirche die Autorität der älteren Bibelversion entgegenzusetzen.

Alle zeitgenössischen Übersetzer der Bibel legen den ältesten Text zugrunde, da dieser dem Original am nähesten kommt. Es existieren jedoch keine Originale oder originale Abschriften; statt dessen enthalten die Hunderte von verschiedenen Manuskripten zahlreiche alternative Versionen.

Die wichtigsten und zuverlässigsten hebräischen Schriften sind die Texte der sogenannten "Masoreten", der jüdischer Schriftgelehrter, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, die Bibel originalgetreu abzuschreiben und weiterzugeben (siehe Masora). Diese Gelehrten, die von den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt bis ins Mittelalter hinein wirkten, versahen die Texte auch mit Satzzeichen, Vokalen (das hebräische Original enthält nur Konsonanten) und verschiedenen Notizen. Die hebräische Standardbibel, die heute verwendet wird, ist eine Reproduktion eines masoretischen Textes, der 1088 geschrieben wurde. Das Manuskript steht in der Sammlung der Öffentlichen Bibliothek von Sankt Petersburg. Ein anderes masoretisches Manuskript, der Aleppo-Kodex aus der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts n. Chr., ist die Grundlage für eine Neuveröffentlichung des Textes, die zur Zeit an der Hebräischen Universität Israel vorbereitet wird. Der Aleppo-Kodex ist das älteste Manuskript der gesamten hebräischen Bibel.

Es sind allerdings auch noch ältere hebräische Manuskripte vorhanden, masoretische und andere Texte einzelner Bücher. Im 19. Jahrhundert wurden im "Genizah" (Lagerraum für Manuskripte) der Synagoge von Kairo Texte entdeckt, die sogar noch aus dem 6. Jahrhundert stammen. Zahlreiche Manuskripte und Fragmente, viele noch aus der Zeit vor Christi Geburt, wurden nach 1947 am Toten Meer gefunden (siehe Qumran-Rollen). Obwohl viele der wichtigsten Manuskripte relativ spät entstanden sind, bewahren vor allem die masoretischen Texte eine Tradition, deren Ursprung mindestens hundert Jahre vor der christlichen Zeitrechnung oder länger zurückliegt.

Die wertvollsten Versionen der hebräischen Bibel sind die Übersetzungen ins Griechische. Es handelt sich um ursprünglich komplette Abschriften der christlichen Bibel, die bis ins 4. und 5. Jahrhundert zurückdatiert werden können. Die wichtigsten Manuskripte sind der Codex Vaticanus, der in der Bibliothek des Vatikans steht, der Codex Sinaiticus und der Codex Alexandrinus (beide im Besitz des Britischen Museums).

Die wichtigste griechische Version ist die Septuaginta (griechisch: siebzig, deshalb die Abkürzung LXX ), die ihren Namen der Legende verdankt, dass die Thora im 3. Jahrhundert v. Chr. von 72 Gelehrten übersetzt worden sein soll. Diese Legende stimmt wahrscheinlich in mehrerlei Hinsicht: die erste griechische Übersetzung enthielt nur die Thora, und sie entstand in Alexandria im 3. Jahrhundert v. Chr. Später wurden auch die restlichen Bücher der hebräischen Bibel übersetzt, allerdings von anderen Schriftgelehrten mit unterschiedlichen Standpunkten.

Es entstanden noch zahlreiche weitere griechische Übersetzungen; die meisten von ihnen existieren jedoch nur noch in Fragmenten oder in Zitaten der Kirchenväter und anderer. Zu diesen Übersetzungen zählen beispielsweise die Versionen von Aquila, Symmachus, Theodotion und Lucian. Im 3. Jahrhundert untersuchte der christliche Theologe Origenes die Probleme, die im Zusammenhang mit diesen unterschiedlichen Versionen auftraten, und er fertigte eine Hexapla an, eine synoptische Gegenüberstellung des hebräischen Textes, der Umschrift des hebräischen Textes ins Griechische, der Versionen von Aquila und Symmachus, der Septuaginta und der Version des Theodotion, die in sechs parallelen Spalten nebeneinanderstehen.

Andere Versionen sind z. B. die Peschitta, oder Vetus Syra, die möglicherweise bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. begonnen wurde; die altlateinische Version Vetus Latina, die nicht aus dem Hebräischen, sondern im 2. Jahrhundert auf der Grundlage der Septuaginta übersetzt wurde; und die Vulgata, die von Hieronymus Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. vom Hebräischen ins Lateinische übersetzt wurde.

Ebenfalls als Übersetzungen gelten die aramäischen Targums. Als das Aramäische die hebräische Sprache allmählich als Alltagssprache ersetzte, bedingte dies auch die Notwendigkeit von Übersetzungen der hebräischen Bibel.



2. Das Alte Testament - Inhalt


Die Geschichte Israels wurde im Alten Testament in eine Reihe von zentralen Ereignissen und Perioden geordnet: der Auszug aus Ägypten (Exodus, einschliesslich der Geschichten von den Patriarchen bis zur Eroberung Kanaans); darauf folgten die Monarchie, das Babylonische Exil, die Rückkehr nach Palästina und Wiedereinsetzung der alten religiösen Institutionen.

Wie bei den anderen kleinen Völkern des östlichen Mittelmeerraumes hing das Schicksal Israels von den Grossmächten Ägypten, Assyrien und Babylonien ab; die kleinen Nationen konnten nur dann ein unabhängiges Leben führen, wenn sich die Lage in den Ländern selbst verschlechterte oder wenn sie sich untereinander bekriegten.

Eine Fülle von Informationen zur Geschichte des Nahen Ostens ist bereits seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. auch in außerbliblischen Berichten erhalten geblieben. Hinzu kommen noch die detaillierte Berichten des AT seit der Zeit der Partiarchen. Die archäologischen Funde zeigen uns, wie zuverlässig dabei die biblischen Berichte das Zeitgeschehen übeliefert haben.

Eine Analyse der biblischen Berichte und eine umsichtige Verwendung des archäologischen Materials ergaben, dass der Auszug aus Ägypten um 1450 v.Chr. stattgefunden haben muss. Der Weg des Auszuges ist zwar im AT beschrieben, die einzelnen Orte lassen sich allerdings heute nicht mehr mit hundertprozentiger Genauigkeit bestimmen.

Josua 1-12 und 1 Richter 1-2 berichten aus unterschiedlichen Perspektiven die Ankunft des Volkes Israel im Land Kanaan. Die Erzählungen berichten von der Eroberung des Landes Kanaan durch die Israeliten unter der Führung von Josua ab ca. 1400 v.Chr. Bis das ganze Land erobert wurde, vergingen einige Jahrhunderte.

Die Monarchie kam während des 11. Jahrhunderts v. Chr. auf, gerade zu jener Zeit, als das Land von inneren Kämpfen zerrissen war und zugleich von aussen bedroht wurde. Manche befürworteten die traditionellere Form der charismatischen Führerschaft in Krisenzeiten; andere wollten eine stabile Monarchie. Die Monarchie setzte sich wegen der äusseren Bedrohung durch die militärisch überlegenen Philister durch, die fünf Städte in der Küstenebene besetzt hatten. Saul vereinte die Stämme und schuf eine Monarchie, wurde aber zusammen mit seinem Sohn Jonathan in einer Schlacht gegen die Philister getötet.

Daraufhin wurde David König, zunächst nur im Süden, dann über das gesamte Volk. Erst David machte der Bedrohung durch die Philister für immer ein Ende und errichtete ein Grossreich, dessen Einflussnahme sich von Syrien bis zur Grenze Ägyptens erstreckte. Während seiner Regierungszeit wurde Israel zu einem reichen Land. Davids Nachfolger war sein Sohn Salomo, der einen Hof nach dem Vorbild anderer orientalischer Könige einrichtete. Er baute einen Palast und einen grossen Tempel in Jerusalem, wobei er verschwenderisch mit den Ressourcen des Landes umging.

Nach dem Tod Salomos rebellierten die Stämme des Nordens unter seinem Sohn Jerobeam. Die zwei Nationen, Israel im Norden und Juda im Süden, wurden nie wieder vereint und bekämpften sich fortan. In Juda herrschte weiterhin das Haus David, bis die Babylonier das Land eroberten (597 und 586 v. Chr.); in Israel regierten währenddessen mehrere Könige und Dynastien. Die Zeit der geteilten Monarchie war von der wiederholten äusseren Bedrohung durch die Assyrer, die Aramäer und die Babylonier gekennzeichnet. 722-721 v. Chr. mussten sich Israel und seine Hauptstadt Samaria der assyrischen Armee ergeben. Die Israeliten wurden verschleppt, und Fremde siedelten sich auf ihrem Gebiet an. Juda seinerseits hatte zweimal unter den Demütigungen der Babylonier zu leiden: bei der Eroberung Jerusalems 597 v.Chr. und während seiner Zerstörung 586 v.Chr.

538 v.Chr., als der persische König Cyrus das Perserreich errichtete, wurde das Volk Israel aus der Verbannung entlassen. In der Zeit nach der Verbannung wurden unter der Führung der Propheten Esra und Nehemia die alten Institutionen wiedereingerichtet und der Tempel wiederaufgebaut. Juda wurde eine Provinz des Perserreiches, und das Volk genoss eine relative Autonomie, vor allem in religiösen Angelegenheiten.



3. Das Neue Testament


3.1 Das Neue Testament - allgemeines

Das Neue Testament besteht aus 27 verschiedenen Schriften, die zwischen 40 [ 2 ] und 70 n. Chr. [ 3 ] (manche vermuten ca. 90 n.Chr.) abgefasst wurden und Fragen zu Glaubensgrundlage und -praxis in christlichen Gemeinschaften im gesamten Mittelmeerraum behandeln.

Heute existieren etwa 5 000 vollständige, in Teilen oder Bruchstücken erhaltene Manuskripte des Neuen Testaments. Bei keinem dieser Dokumente handelt es sich jedoch um ein Autograph, also ein vom Verfasser selbst geschriebenes Original.

Das älteste Manuskript ist sehr wahrscheinlich ein Fragment des Markusevangsliums (Mk 6,52-53), dessen Entstehungsdatum auf ungefähr 40 - 50 n.Chr. geschätzt wird. Es wurde im 20. Jahrhundert in der 7. Höhle von Qumran (7Q5)gefunden. [ 4 ]

Bis dahin galt ein Fragment des Johannesevangeliums als das älteste Manuskript (p52), das ca. auf das Jahr 125 n.Chr. datiert wird.

Wenn man die räumlichen und zeitlichen Unterschiede bei der Entstehung sowie die unterschiedlichen Schreibmethoden und -materialien bei der Anfertigung dieser Manuskripte berücksichtigt, so ist es höchst erstaunlich, wie sehr sich die einzelnen Schriften ähneln. Trotzdem gibt es Abweichungen wie Auslassungen und Zusätze sowie unterschiedliche Ausdrucksweisen.

Die 27 Bücher des Neuen Testaments sind nur ein Bruchteil der literarischen Erzeugnisse der christlichen Gemeinden während der ersten drei Jahrhunderte. Die Grundarten neutestamentarischer Dokumente (Evangelium, Brief, Apokalypse) wurden häufig nachgeahmt,wobei über 50 Evangelien zu jener Zeit in Umlauf waren. Viele dieser nichtkanonischen christlichen Schriften bilden die siehe Apokryphen des Neuen Testaments.

Die Kenntnis der Literatur jener Periode verbesserte sich erheblich, als 1945 in Naj Hammadi eine Bibliothek der Gnostiker entdeckt wurde (siehe Gnostik). Diese in koptischer Sprache geschriebene Sammlung wurde übersetzt und veröffentlicht. Von besonderem Interesse ist u. a. das apokryphe Thomasevangelium, das insgesamt 114 Sprüche enthält, die angeblich Jesus selbst in Gesprächen mit Thomas, einem der Apostel, geäussert haben soll.

Der erste, der versuchte einen Kanon aufzustellen, war ein abtrünniger Christ namens Marcion, der um 150 n.Chr. eine Liste zusammenstellte, die u. a. das Lukasevangelium und zehn von Paulus‘ Briefen umfasste.

Um 200 n.Chr. wurden 20 der 27 Bücher des Alten Testaments als allgemein anerkannt. Hier und da gab es lokale Präferenzen, und auch zwischen den östlichen und den westlichen Kirchen gab es Unterschiede, wobei der Brief des Jakobus, der Hebräerbrief, 2. Brief des Johannes, Brief des Judas, 2. Brief des Petrus und die Offenbarung des Johannes am umstrittensten waren.

Der 39. Festbrief des Athanasius, des Bischofs von Alexandria, der 367 n.Chr. unter seiner Rechtsprechung an alle Kirchen gesendet wurde, beseitigte alle Unklarheiten bezüglich des Inhalts des neutestamentarischen Kanons. In diesem Festbrief, der in einer Sammlung von Botschaften erhalten geblieben ist, die Athanasius jedes Jahr zur Fastenzeit schrieb, führte er jene 27 Bücher als kanonisch an, die noch heute den Inhalt des Neuen Testaments bilden, obgleich er sie in einer anderen Reihenfolge auflistete.

Diese Bücher des Neuen Testaments sind, in ihrer endgültigen Reihenfolge,

    die vier Evangelien (Matthäus, Markus,
    Lukas und Johannes),
    die Apostelgeschichte,
    Brief an die Römer,
    1. und 2. Brief an die Korinther,
    Galater,
    Epheser,
    Philipper,
    Kolosser,
    1. und 2. Thessalonicherbrief,
    1. und 2. Timotheusbrief,
    Titusbrief,
    Philemonbrief,
    Hebräerbrief,
    Jakobusbrief,
    1. und 2. Petrusbrief,
    1., 2., 3. Johannesbrief,
    Judasbrief und
    die Offenbarung des Johannes.

Die schnelle Verbreitung des Christentums über die Grenzen der griechisch sprechenden Welt hinaus machte Übersetzungen in andere Sprachen erforderlich, z. B. ins Syrische, Altlateinische, Koptische, Armenische, Georgische, Äthiopische und Arabische. Syrische und lateinische Versionen gab es bereits im 2. Jahrhundert, und im 3. Jahrhundert auch koptische. Die Übersetzungen waren in lokalen Dialekten geschrieben und enthielten nur ausgewählte Teile des Neuen Testaments.

Im 4. und 5. Jahrhundert gab es Bestrebungen, diese regionalen Versionen durch solche zu ersetzen, die mehr einem gemeinsamen Standard entsprachen und allgemein akzeptiert wurden. 382 beauftragte Papst Damasus I. Hieronymus mit der Erstellung einer lateinischen Bibel. Diese als "Vulgata" bekannte Bibel ersetzte die verschiedenen altlateinischen Versionen. Im 5. Jahrhundert entstand die syrische Peschitta, die an die Stelle der bis dahin verwendeten syrischen Texte trat. Mit der Zeit verschwanden die alten Versionen und wurden durch neue ersetzt.

3.2 Die Textgattungen des Neuen Testaments

Die Schriften des Neuen Testaments lassen sich in vier Gattungen unterteilen: Evangelien, Geschichtsschreibung, Briefe und Apokalypse. Das frühe Christentum kannte jedoch von diesen vier Formen nur das Evangelium.

Ein Evangelium ist eine Art Biographie des Lebens Jesu. Die Worte und Taten von Jesus Christus werden in chronologischer Reihenfolge dargestellt. Der Höhenpunkt der Evangelien bildet der Bericht über die Kreuzigung, den Tod und die Auferstehung von Jesus Christus.

Das Matthäus-, Markus- und Lukasevangelium nennt man die "Synoptiker" (griechisch: "syn" zusammen; "optanomai" = erscheinen, gesehen werden), weil sie sozusagen in einer gemeinsamen Schau über das Leben Jesus berichten. Alle drei Evangelien haben einen sehr ähnlichen Aufbau. In der Theologie hat man sich intensiv mit der Entstehung der synoptischen Evangelien beschäftigt und die unterschiedlichesten Thesen aufgestellt.

Ein Beispiel für eine historische Erzählung im Neuen Testament ist die Apostelgeschichte, die von dem Evangelisten Lukas abgefasst wurde. Sie berichtet in einer zusammenhängenden Erzählung die Entstehung christlichen Kirche und ihre missionarische Ausbreitung im 1. Jahrhundert.

Die Epistel bzw. der Brief war in der griechisch-römischen Welt eine gebräuchliche literarische Form, die aus der Signatur, der Adresse, einem Gruss, einer Lobesrede oder Danksagung, einer Botschaft und einem Abschiedsgruss bestand. Paulus benutzte diese Form, um mit den Kirchen Kontakt zu halten, die von ihm gegründet worden waren. Diese Briefform wurde in der christlichen Gemeinschaft bald allgemein akzeptiert. Bei vielen Briefen handelt es sich jedoch eher um Reden, Ermahnungen oder Abhandlungen, die in die Form von Episteln gebracht wurden.

Die apokalyptische Schrift des Neuen Testaments ist die Offenbarung des Johannes ist. Die literarische Gattung der Apokalypse beschreibt in sehr visionären, symbolischen und pessimistischen Bildern den Zustand der Welt, wobei das einzige Element der Hoffnung in dem Unsichtbaren hinter dem Sichtbaren gesehen wird. Gerechter Lohn und Vergeltung charakterisieren die Visionen vom Ende der Welt. Manche vermuten, daß die Offenbarung während der Christenverfolgung unter dem römischen Kaiser Domitian geschrieben, der von 81 bis 96 n.Chr. regierte. Einzelne Theologen datieren die Offenbarung aber auch schon vor dem Jahr 70 n.Chr.

Innerhalb dieser vier literarischen Grundtypen gibt es viele verschiedene Formen wie Gedichte, Hymnen, Bekenntnisformeln, Sprüche, Wundergeschichten, Seligpreisungen, Schmähreden, Listen von Pflichten, Parabeln.

In den Schriften haben sich die Bibelgelehrten in der Vergangenheit viel mit der Parabel beschäftigt, die sehr lange als eine Form der Allegorie betrachtet worden war. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab der deutsche Bibelwissenschaftler Adolph Jülicher der Interpretation von Parabeln eine neue Richtung.

3.3 Der geschichtliche Rahmen des Neuen Testaments

Dank der verschiedenen und präzisen Datierungsangaben, läßt sich der historische Rahmen, in welchem sich die Berichte des NT zugetragen haben, gut rekonstruieren.

So ergibt sich aus dem Lukasevangelium sowie aus der Apostelgeschichte, dass Jesus seine Wanderschaft als Prediger im 15. Jahr der Regentschaft von Tiberius begann (Lukas 3,1), also um 28 n. Chr. Alle vier Evangelien stimmen darin überein, dass Jesus gekreuzigt wurde, als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war (26-36 n. Chr.). Wenn man davon ausgeht, dass sich die öffentliche Wirksamkeit von Jesus über einen Zeitraum von ca. dreieinhalb Jahren erstreckte, predigte er zwischen 28 und 31 n. Chr. Viele Theologen vertreten das Jahr 30 n.Chr. als dem Todesjahr Jesu.

Nach Jesu Tätigkeit als Wanderprediger, die in den vier Evangelien beschrieben wird, wurde die Leitung der geistlichen Erneuerungsbewegung, die er begonnen hatte, von den zwölf Aposteln, die er als seine Apostel ausgewählt hatte, übernommen. Drei dieser Apostel werden in der Apostelgeschichte als Führer der christlichen Gemeinde geschildert: Jakobus, der vor 44 n.Chr. von Herodes Agrippa getötet wurde. Johannes, sein Bruder (Johannes 21,20-24); Petrus, der frühen Leiter der Kirche von Jerusalem: Er unternahm auch einige Missionsreisen und er erlitt, der Überlieferung zufolge, um 65 n.Chr. in Rom den Märtyrertod.

Zusätzlich zu diesen drei Pesönlichkeiten kennt das NT noch Jakobus, den Bruder von Jesus. Er war Leiter auch ein Leiter der Kirche in Jerusalem. Er wurde wohl 61 n.Chr. getötet.

Kurze Zeit nach dem Jahr 66 n.Chr., als in Jerusalem der Aufstand der Juden gegen die römische Herrschaft begann, verliessen die Christen aufgrund der prophetischen Worte Jesu die Stadt Jerusalem. Sie überlebten deshalb den jüdischen Aufstand, in dessen Verlauf Jerusalem im Jahr 70 n.Chr. durch den römischen Feldherrn Titus und sein Heer zerstört wurde.

Der Bericht in der Apostelgeschichte konzentriert sich auf Paulus, der ungefähr um das Jahr 32 n. Chr. in der Nähe von Damaskus Christ wurde. Die Briefe des Paulus markieren seinen Weg als Missionar durch Syrien, Kleinasien, Mazedonien, Griechenland und nach Rom. Vermutlich starb Paulus dort circa 64 n.Chr.

Paulus‘ Briefe und die Apostelgeschichte vermitteln dem Leser einen Einblick in das Leben der frühchristlichen Gemeinden und ihr Verhältnis zu den grösseren Kulturen, in die sie eingebettet waren.



4. Die Zeit nach dem 1. Jahrhundert


Die frühen Rabbiner Palästinas und Babylons (200-500 n. Chr.), deren Gespräche im Talmud (hebräisch: Unterweisung), einer Sammlung jüdischer Traditionen, niedergeschrieben sind, strebten nach der Widerspruchsfreiheit der Bibel und nach Übereinstimmung zwischen Bibel und jüdischer Religion. Diese erreichten sie durch eine Beweisführung, die willkürlich erscheint, wenn man heutige Massstäbe der Textinterpretation zugrunde legt (Mischna).

In der hellenistischen Welt bemühte sich der jüdische Gelehrte Philon von Alexandria, das Alte Testament mit dem Weltbild der griechischen Philosophie und Wissenschaft in Einklang zu bringen. Philo benutzte dabei die Allegorese (Allegorie), eine Interpretationsmethode, bei der die wörtliche Bedeutung eines Textes gegenüber der tieferen göttlichen Deutung in den Hintergrund trat. Dabei war der göttliche Sinn jedoch nur Eingeweihten verständlich.

Viele Kirchenväter folgte diesem Ansatz, wobei sie davon überzeugt waren, dass der wahre Geist des Alten Testaments sich im Neuen Testament offenbare. Frühe christliche Exegeten des Alten Testaments neigten dann dazu, das Alte Testament als ein christliches Buch zu behandeln, dem jedoch nur soweit eine Bedeutung zukam, als es das vorwegnahm, was sich später im Christentum und in der Kirche erfüllte. (Apokryphen des Neuen Testaments).

Auch heute betrachten einige christliche Kommentatoren das Alte Testament unter dem Gesichtspunkt seiner Bedeutung für die christliche Kirche, wie z. B. auch das 2. Vatikanische Konzil in einem Dekret zur Heiligen Schrift.

Unter den Christen war es Augustinus, der in seinem Kommentar zur Bedeutung der Genesis (De Genesi ad Litteram, 401-415) eine Diskrepanz zwischen dem Weltbild seiner Zeit sowie dem der biblischen Autoren feststellte und aufgrund dessen die Notwendigkeit sah, die biblische Sichtweise kritisch zu untersuchen. Im Osten unterschied der Gelehrte Theodor von Mopsuestia zwischen dem „prophetischen Geist“, d. h. der unmittelbaren Erleuchtung, aus dem ein grosser Teil der Bibel hervorgegangen wäre, und einem „Geist der Weisheit“, der bestimmte biblische Autoren wie z. B. den Verfasser des Predigerbuches beeinflusst hätte. Diese legten nach Meinung Theodors nur Ansichten und Betrachtungen dar, die von Menschen und nicht von Gott kämen.



5. Die Bibelkritik und die Textfindung (=Textkritik)


Da das Judentum und das Christentum die Religion immer als historisch verstanden, d.h. dass diese auf historischen Ereignissen gründeten, war die Bibel im Unterschied zum Schrifttum anderer Religionen wie z. B. des Hinduismus und des Islam schon immer gelehrter Kritik unterworfen. Da man wußte, daß die Schriften des Alten und Neuen Testaments von Menschen verfasst wurden, hielt man es auch für legitim, sie menschlicher Bewertung zu unterziehen.

Die Bibelkritik in unserem heutigen Sinn entstand jedoch erst im Zeitalter der Aufklärung. Zu den ersten Bibelkritikern zählten im 17. Jahrhundert die Philosophen Thomas Hobbes und Baruch Spinoza sowie der französische Gelehrte Richard Simon. Die Bibelkritik der Aufklärung ging wiederum auf die Reformation zurück, die das Studium der Bibel wieder einführte und neue kritische Methoden entwickelte.

Jede Übersetzung stellt auch schon eine gewissen Interpretation des Textes dar, da das Vorverständnis des Übersetzers in die Übersetzung miteinfliesst. Bereits den Kritikern im vorchristlichen Zeitalter lagen Übersetzungen vor, und diese griffen daher auf die frühstmöglichen Textfassungen zurück, um die ursprüngliche Bedeutung der Texte zu erschliessen. Im 16. und 17. Jahrhundert suchten die Reformatoren nach frühen Quellen, um eine Bibelübersetzung zu erstellen, die dem Sinn der biblischen Autoren am nächsten kam. Ihre Untersuchungen sowie Texte, die im 18. Jahrhundert entdeckt wurden, bildeten die Grundlage der textkritischen Methode.

Den ursprünglichen Text zu ermitteln ist Aufgabe der sogenannten „niederen“ Kritik, wobei bei der Erschliessung des Sinnes eines Textes „äussere“ und „innere“ Kriterien zu berücksichtigen sind. Äussere Kriterien sind die Beschaffenheit des Manuskripts wie z. B. Material, Alter und Schrifttyp. Dabei liegen biblische Texte grundsätzlich nicht als Originaltexte eines Autors vor, sondern in Versionen, die erst einige Jahrhunderte nach der ersten Abfassung entstanden.

So stammen die vorhandenen Manuskripte des Alten Testaments aus christlicher Zeit, wobei die alten, erhaltenen Fassungen (die griechische Septuaginta [LXX] und die lateinische Vulgata) und die vormasoretischen Fragmente darauf schliessen lassen, dass der hebräische Originaltext gewissenhaft weitergegeben wurde. Zu einem der bestbezeugten Texte, der je überliefert wurde, zählt das Neue Testament. Vollständige und nahezu vollständige Manuskripte stammen aus dem 4. Jahrhundert, und zahlreiche noch vorhandene Fragmente wurden nur ein Jahrhundert nach der Urfassung kopiert. Obwohl sich in den Manuskripten eine Fülle von abweichenden Formulierungen befinden, blieb der Sinn des Textes zum grössten Teil unberührt, da 90 Prozent der Abweichungen nur geringfügige Details betreffen, wie z. B. die Ersetzung eines Begriffs durch ein Synonym.

Letztlich muss sich die Textkritik in ihren Urteilen aber auf die inneren Kriterien stützen, welche die Grundlage für die Verlässlichkeit eines Manuskripts bilden. Dabei handelt es sich um Massstäbe des gesunden Menschenverstands, nach denen eine Version als ursprünglicher eingeschätzt wird als die andere. Dabei gilt die Regel, dass beispielsweise eine kürzere Fassung einer längeren vorgezogen wird, in der Annahme, dass ein Kopist einen Text eher erweitert als komprimiert. Da die Schreiber eher dazu neigten, Widersprüche im Text aufzulösen, ist davon auszugehen, dass die schwierigere zweier verschiedener Lesarten die ursprünglichere ist.

Im 18. und 19. Jahrhundert entstand die sogenannte „höhere“ Kritik der Bibelforschung. Diese rief jedoch eine heftige Gegenreaktion bei denjenigen hervor, die in ihr einen Angriff auf die Wahrheit der Heiligen Schrift sahen. Obwohl es heute immer noch eine Opposition zur historisch-kritischen Kritik gibt, sieht die Bibelwissenschaft in der höheren Kritik die einzige Methode, um den Sinn der Bibel zu erschliessen (Evangelikalismus, Fundamentalismus).

Die historisch-kritische Methode meint nach der Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit eines Textes forschen zu müssen. Sie stellt z. B. Fragen nach der Autorenschaft, nach den Quellen, auf die sich der Autor stützte, sowie nach den Veränderungen, die ein Text durch seine Überlieferung erfuhr.

Die historisch-kritische Methode ist der Überzeugung, dass einige Aussagen der Bibel nicht wörtlich zu verstehen sind und verschiedene Werke nicht von den Autoren stammen, denen sie traditionell zugeschrieben wurden.

Eine weitere Disziplin der historisch-kritischen Methode ist die "Formkritik". Sie untersucht die historische Situation, in der ein Text entstand, und fragt nach dem Sitz im Leben, d. h. nach der Funktion, die der Text erfüllte. Diese Methode wurde zuerst von dem deutschen Gelehrten Hermann Gunkel auf das Alte Testament angewandt. Er deutete die Geschichten der Genesis als ätiologische Erzählungen und deutete Genesis 9,10-27 als Erklärung dafür, warum die Kanaaniter Untertanen der Israeliten seien. Andere Erzählungen dienten seiner Meinung nach zur Erklärung von Namen, wie z. B. Genesis 25,6, in der die Herkunft des Namens von "Jakob" beschrieben wird. Darüber hinaus hielt er Abschnitte wie Genesis 28,10-19 für Erklärungen von Kultlegenden heiliger Orte, wie z.B. "Bethel".

Die gleichen Methoden wurden bei der Exegese des Neuen Testaments angewendet, um die Entstehung der Evangelien zu untersuchen. Dabei meinten sie zu erkennen, dass die einzelnen Geschichten der Evangelien aus voneinander unabhängigen Erzählungen bestehen, die in Streit-, Verkündigungs- oder Wundergeschichten eingeteilt werden können.

Ein weiterer Aspekt der historisch-kritischen Methode ist die "Redaktionskritik". Diese befasst sich mit der Rolle der Herausgeber, die einen Text über eine bestimmte Zeitspanne hinweg bearbeiteten. So war die redaktionskritische Forschung der Überzeugung, dass die fünf Bücher Mose, die Propheten, die Psalmen sowie die Sprüche Salomos im Alten Testament nicht das Werk einzelner, sondern verschiedener Autoren sind, das von späteren Autoren redaktionell überarbeitet wurde.

Gleiches meinte sie auch für die Evangelien anwenden zu können. Sie ist deshalb der Meinung, daß die Evangelien von einer bestimmten Schule, einer Kirche oder einer Gruppe geschrieben wurden oder von Einzelpersonen, die für bestimmte Gruppen tätig waren und die Überlieferungen den Bedürfnissen dieser Gruppe anpassten.

Der Strukturalismus, eine jüngere Entwicklung der Literaturkritik, fragt nicht nach der geschichtlichen Entstehung eines Textes, sondern behandelt die überarbeitete und abgeschlossene Fassung eines Textes. Er untersucht auch die Übereinstimmungen der Bibel mit den Schriften anderer Kulturen, in denen ähnliche Motive zu finden sind. Der Strukturalismus geht von einer gleichgearteten psychologischen Grundstruktur der menschlichen Psyche aus und unterstellt deshalb, dass ein Text einen Sinn besitzt, der über die Absicht seines Autors hinausgeht.

 

Fußnoten:

[ 1 ] Dieses Dokument haben wir im Internet gefunden. Die ursprüngliche Quelle ist nicht mehr auffindbar.
Wir haben aus diesem Artikel den bibelkritischen Ballast gestrichen und den Text an einigen Stellen leicht überarbeitet.

[ 2 ] Carsten Peter Thiede, Die älteste Evangelien-Handschrift?, Wuppertal: R. Brockhaus, 1992, 3. erweiterte Auflage.

[ 3 ] John A.T. Robinson, Wann entstand das Neue Testament?, Wuppertal: R. Brockhaus, 1986

[ 4 ] Ferdinand Rohrhirsch, Markus in Qumran?, Wuppertal: R. Brockhaus, 1990

[ 5 ] Idea Spektrum, Nr. 15, 11. April 2001, S. 1

 

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